festival

Das SPOKEN ARTS FESTIVAL unter dem diesjährigen Motto "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!" schlägt Brücken - zwischen dem Wort und den anderen darstellenden Künsten ebenso wie von der Vergangenheit zur Gegenwart.

Mit einem vehementen künstlerischen Ja will die zweite Ausgabe des SPOKEN ARTS FESTIVALS vom 8. bis 13. Dezember 2023 Bertolt Brechts nachdenkliche Zeilen auf vielfältige Weise mit Leben füllen. Wobei der Titel „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!" dieses der Sprache und ihren Schwesterkünsten gewidmete Festival sich mindestens genauso von Hölderlin leiten lässt: „Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch". Schließlich haben die zum Großteil emigrierten Künstlerinnen und Künstler damals nichts so sehr gesucht, nichts so glühend herbeigeschrieben wie Freiheit und Hoffnung. 
Im Jahr 2023, das geprägt ist von multiplen Krisen und dem Angriffskrieg auf die Ukraine, sind uns ihre Werke noch einmal emotional näher gerückt. Das SPOKEN ARTS FESTIVAL bringt dieses große Vermächtnis nicht nur auf die Bühne, sondern führt es bis in die Gegenwart fort. Mit Formaten, die von Lesungen und Poetry Slams, von Konzerten und Tanz-Performances bis zu Vorträgen und Workshops reichen. Nicht zuletzt mit Darsteller*innen, die zu den Besten und Kundigsten ihres Fachs zählen. Prominente Schauspieler*innen, Sänger*innen, Tänzer*innen und Musiker*innen sind ebenso mit von der Partie wie profilierte Vertreter*innen aus Literatur und Geisteswissenschaften.


Grußwort der Förderer

Grußwort der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

„Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!“ – 1937, in einer der dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte, drückte Bertolt Brecht mit diesen Worten aus dem Exil seine Hoff­nung aus, dass die Zeit des Schreckens und der Schande, die das NS-Regime bedeutete, ein Ende finden und Demokratie, Frieden und Freiheit siegen mögen.

Worte haben eine faszinierende Kraft. Sie vermögen Grenzen zu überwinden, die unüber­windlich scheinen, Blicke zu weiten, wo sich die Perspektiven verengen, Gemeinschaft
zu stärken, wo Trennendes sie schwächt. Worte können Hoffnung spenden in finsteren Zeiten. Gerade jetzt, inmitten globaler Krisen und Kriege, ist diese Kraft von unschätz­barem Wert. Das SPOKEN ARTS FESTIVAL ist eine Bühne, auf der wir die Kraft der Worte und der Kunst erleben. In diesem Jahr schlägt es Brücken zwischen der Literatur und den darstellenden Künsten, von der Vergangenheit in die Gegenwart. Es freut mich, dass die Akademie für gesprochenes Wort zusammen mit ihren Partnerinnen und Partnern und vielen Künstlerinnen und Künstlern dieses großartige Festival nun zum zweiten Mal in Stuttgart veranstaltet. Mein herzlicher Dank gilt allen, die dieses Festival mit Hingabe konzipiert, geplant und umgesetzt haben. Allen Besucherinnen und Besuchern wünsche ich ein inspirierendes Fest der Worte!

Claudia Roth MdB, Staatsministerin für Kultur und Medien

Grußwort der Landeshauptstadt Stuttgart

Das SPOKEN ARTS FESTIVAL geht in diesem Jahr in die zweite Runde und schafft es erneut, namhafte Künstlerinnen und Künstler, sowohl aus dem deutschsprachigen Raum, als auch internationaler Couleur nach Stuttgart zu holen und damit für Stuttgart zu gewinnen. Wir freuen uns auf Gäste aus Kunst und Literatur, aus den Sparten Schauspiel, Theater, Film, Musik und Tanz.

Die zweite Festivalausgabe unter dem diesjährigen Motto "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!" ist dabei den Jahren 1933 bis 1945 gewidmet. Diese finsterste, ja fatalste Epoche der deutschen Geschichte birgt jedoch auch einen Funken Menschlichkeit: Die Menschlichkeit des Widerstands, des Überlebens und der Kreativität. Gerade im Hinblick auf aktuelle Geschehen in der Welt ist dieser Funken auch ein Funken Hoffnung.

Es freut mich außerordentlich, dass das SPOKEN ARTS FESTIVAL erneut große Stuttgarter Kultureinrichtungen als Kooperationspartner gewinnen konnte und sowohl in die Stadt als auch in die verschiedenen Spielstätten wirkt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Strahlkraft hat sich die Landeshautstadt Stuttgart, gemeinsam mit Bund und Land, für die Förderung dieses besonderen Festivals rund um das gesprochene Wort entschieden.

Ich wünsche der Akademie für gesprochenes Wort als Veranstalterin und allen Beteiligten ein gelungenes Festival. Dem Publikum wünsche ich ein anregendes Festival mit vielen wertvollen Denkanstößen und Impulsen in diesen bedrängten Zeiten.

Dr. Frank Nopper, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart

Grußwort der Baden-Württemberg Stiftung

Das Spoken Arts Festival ist ein einzigartiges Festival, das sich der gesprochenen Sprache und Literatur verschreibt. Es findet dieses Jahr zum zweiten Mal statt. Die Baden-Württemberg Stiftung fördert das Festival, um dieses Fest des Wortes wirkungsvoll im Land zu etablieren. Unsere Sprache verändert sich ständig und hat dabei großen Einfluss auf unseren Umgang miteinander und auf die Wahrnehmung unserer Umwelt. Daher ist es wichtig, dass das Festival die Bedeutung, die Vielfalt und die unterschiedlichen Facetten der Sprache auf die Bühne bringt. Dabei verbindet das Festival nicht nur die verschiedenen Bereiche der Sprechkunst miteinander, sondern beinhaltet auch Formen des künstlerischen Ausdrucks wie Slam, Gesang und Tanz, Film, Bildende Kunst und Performance. Eine große Bandbreite an herausragenden Künstlerinnen und Künstlern spiegelt den Facettenreichtum der gesprochenen Künste wider. 

Das diesjährige Festival knüpft unter dem Motto "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!" direkt an das vergangene Festivalthema, die 1920er Jahre, an. Dieses Jahr widmet sich das Festival den Jahren 1933 bis 1945 sowie den Künstlerinnen und Künstlern, die während der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten ihre Heimat verlassen mussten. Die Themen Diktatur, Flucht und Krieg, die diese Zeit in Europa prägten, haben leider nicht an Aktualität verloren. 

Die Akademie für gesprochenes Wort widmet sich seit 1993 der Sprache, dem Dialog und der Diskussion. Mit dem Festival beleuchtet sie die Vergangenheit und schafft Bezüge zu aktuellen Fragestellungen. Dies gelingt im Zusammenspiel der Sprache mit den unterschiedlichen Künsten auf eindrucksvolle Weise. Wir wünschen allen Beteiligten gutes Gelingen und den Besucherinnen und Besuchern spannende Veranstaltungen und bereichernde Einblicke in die Welt der Sprache.

Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung

Birgit Pfitzenmaier,  Abteilungsleiterin Gesellschaft & Kultur



team

Rückblick Festival 2022

„Die 1920er-Jahre“ – Einführung von Prof. Dr. Torsten Hoffmann, Universität Stuttgart

„Der Riss der Welt geht auch durch mich“, schrieb Siegfried Kracauer 1923 an Theodor W. Adorno. Und so wirken die 1920er-Jahre im Ganzen: wie ein Laboratorium gesellschaftlicher Zerrissenheit. Die erste parlamentarische Demokratie in Deutschland, in der zum ersten Mal auch Frauen das Wort ergreifen durften, hat man gefeiert und verachtet. Im Juni 2022 jährte sich die Ermordung des jüdischen Außenministers Walter Rathenau durch die rechtsradikale „Organisation Consul“ zum einhundertsten Mal – es war nur das prominenteste von zahlreichen politischen Attentaten dieser Jahre. Während die einen zurück zum ‚alten‘ Deutschland wollten, machte das seit 1923 sendende Radio jeden Einzelnen zum „Tummelfeld von Weltgeräuschen“ (Kracauer). Die für moderne Gesellschaften typische Heterogenität erreichte auch im sozialen und kulturellen Bereich extreme Ausschläge, denn die 1920er-Jahre waren eine Epoche der Ungleichzeitigkeit: in Stuttgart fuhren ‚noch‘ Pferdekutschen und ‚schon‘ elektrische Straßenbahnen durch die Innenstadt. Und selbst die vielen literarischen Höhepunkte dieses Jahrzehnts, geschrieben von Virginia Woolf und Thomas Mann, James Joyce und Irmgard Keun, Marcel Proust, Franz Kafka, Kurt Schwitters und vielen anderen, die allesamt der klassischen Moderne zugerechnet werden, sind in völlig unterschiedlichen Erfahrungswelten entstanden. Während Rainer Maria Rilke, einer der ersten Kosmopoliten der deutschsprachigen Literatur, 1922 in der Schweiz seine „Duineser Elegien“ in einem kargen mittelalterlichen Wohnturm ohne Strom und fließend Wasser vollendete, saß T.S. Eliot in der überfüllten Londoner U-Bahn, um in der ‚rush hour‘ von seinem Arbeitsplatz im Londoner Bankenviertel nach Hause zu kommen und an seinem Gedichtzyklus ‚The Waste Land‘ zu feilen. Nimmt man dieses schillernde Jahrzehnt heute in den Blick, verwirbeln sich seine Widersprüchlichkeiten ebenso wie unsere Nähe- und Distanzgefühle auf eine so irritierende wie faszinierende Weise.

Joachim A. Lang, seinem Team und der Akademie für gesprochenes Wort gratuliere ich zu ihrer Entscheidung, das erste Stuttgarter SPOKEN ARTS FESTIVAL den ungleichzeitigen 1920er-Jahren zu widmen! Im Namen aller Beteiligten danke ich für die frühe Einbindung der Universität Stuttgart in die Konzeption, für den anregenden Austausch – und für das beeindruckende Engagement des gesamten Teams. Vor allem aber wünsche ich dem Publikum viel Spaß dabei, sich vom facettenreichen Programm mit seinen diversen Kunst- und Performanceformen den Geist und die Sinne beschwingen zu lassen. Let’s swing!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Die Literatur der 1920er-Jahre“ – Einführung von PD Dr. Kristin Eichhorn, Universität Stuttgart

Die Literatur der 1920er-Jahre ist ausgesprochen mannigfaltig. Das ist kaum verwunderlich vor dem Hintergrund der politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen sie entsteht: Gerade erst ist der Erste Weltkrieg zu Ende gegangen und nach dem Kaiserreich entsteht mit der Weimarer Republik ein demokratischer Staat, indem sich aber schon bald die einander gegenüberstehenden politischen Lage radikalisieren. Straßenkämpfe zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten stehen neben der Jazzkultur der ‚Goldenen Zwanziger‘. Das moderne Leben in der Großstadt mit seinen zahlreichen Unterhaltungslokalen wird zum Sehnsuchtsobjekt. Ein neues Frauenbild – der kurzhaarige Flapper ohne Korsett und mit eigener Erwerbstätigkeit etwa als Telefonistin – entsteht. Auf der anderen Seite aber prägen soziale Probleme das Bild, die spätestens mit der Wirtschaftskrise unübersehbar werden. Im Leben des ‚kleinen Mannes‘ scheitern die großen Träume oft an der Realität, in der man sehen muss, dass das Einkommen zum Überleben reicht.

All das und mehr kommt in der Literatur der Zeit zum Tragen. Gerade am Anfang der 1920er-Jahre dominieren noch expressionistische Stimmen. So ist die berühmte von Kurt Pinthus herausgegebene Gedichtsammlung „Menschheitsdämmerung“ 1919 erschienen und wirkt in den 1920er Jahre nach. Auch der filmische Expressionismus spielt sich vor allem in diesem Jahrzehnt ab. Expressionistische Kunst und Literatur sind bestimmt vom mit starkem Pathos vorgetragenen Heraufbeschwören einer neuen Zeit, die die alte ablösen soll. Dabei wird im entfremdeten und schnellen Großstadtleben ambivalent einerseits die Rettung, andererseits die Krise gesehen. Alles neu macht expressionistische Literatur auch formal: Die traditionellen Gesetze der Grammatik scheinen aufgehoben, zahlreiche Wortneuschöpfungen, logische Brüche und effektvolle Schockelemente dominieren die Texte.

Hinzu kommen avantgardistische Einflüsse aus dem Ausland. Aus der Rezeption der Oktoberrevolution und des russischen Agitprop entstehen auch in Deutschland neue kollektivistische Theaterformate und Theatertruppen wie die Piscator-Bühne und das epische Theater. Parallel blühen im Theater, aber auch in anderen Formaten Dokumentarismus und Reportage, die aber wie Erwin Egon Kirschs „Rasender Reporter“ (1925) ebenfalls das Bewusstsein ihres Publikums für aktuelle Probleme schärfen wollen. Zeitstücke und Zeitgedichte ergänzen diese Tendenz.

Im Laufe der 1920er-Jahre wird der Ton in der Literatur nüchterner. Mit der „Gruppe 1925“ und der Entstehung der Neuen Sachlichkeit. Hier entstehen zahlreiche heute noch verbreitete Romane von Irmgard Keun oder Hans Fallada. In der Lyrik bildet sich das neue Genre der Gebrauchslyrik heraus: Gedichte sollen wie z.B. Arznei in den Alltag ihrer Leser*innen integriert und ‚gebraucht‘ werden. Auf kunstvolle Ausschmückungen wird verzichtet. Alltagssprache und Schlagerzitate finden ihren Weg in die Literatur.

Literatur erhält mit Film und Hörfunk neue mediale Konkurrenz, greift aber die neuen technischen künstlerischen Ausdrucksformen auch auf und entwickelt neue Erzähl- und Ausdruckweisen, die etwa an die Schnitttechnik des Films angelehnt sind. Aus Film und Bildender Kunst übernimmt sie die Montage heterogenen Materials. Der Hörfunk wird ein neuer Ort der Verbreitung von Literatur und bringt neue Formate wie das Hörspiel hervor.

Die Frage, was Literatur dabei inhaltlich sagen darf und inwiefern sie als propagandistisches Medium zensiert werden muss, bestimmt die öffentliche Debatte. Immer wieder gibt es Prozesse und Proteste gegen Zensurentscheidungen. Literatur und Gesellschaft sind in den 1920er-Jahren untrennbar miteinander verknüpft. Literatur will modern sein und als Stimme ihrer Zeit sprechen und sie tut es in einer Vielseitigkeit, die immer wieder neu zu entdecken ist.

Das Programmheft zum Download

Partner

Das SPOKEN ARTS FESTIVAL 2022 bedankt sich bei seinem Mobilitätspartner: Volkswagen Automobile Stuttgart!